Ich schrieb... Zwei Monate danach

Ich schrieb ein paar Zeilen. Ein paar Zeilen für die Trauerfeier, 13 Tage vor ihrem Tod. Wie seltsam das ist an jemanden zu schreiben über seinen Tod hinweg, während er noch lebt. Und doch waren sie damals wie heute, für das davor und das danach, für beides passend. Das merke ich nun beim Durchlesen. Diese Zeilen geschrieben, da war sie noch da, noch ganze 13 Tage.

So wertvoll und doch so endlos untröstlich. Ich wünschte, ich könnte schreiben, ich würde mich an jede einzelne Sekunde dieser 13 Tage erinnern. Aber das tue ich nicht. Der Schmerz hat alles eingenommen. . Sein eigenes Kind so hilflos daliegen zu sehen und nichts, nichts mehr tun zu können und zu warten, bis es geht, ist eine Zumutung des Lebens, die alles Erträgliche übersteigt. Wie die Tage und die Nächte vergingen, weiß ich einfach nicht. An einigen war ich unendlich dankbar, dass wir sie noch zusammen haben: Geruch eingesaugt, jedes mühsam gesagte Wörtchen genossen, mit Essen versorgt. Vielleicht das letzte Mal? Geschaut, soviel habe ich sie geschaut, gestreichelt, unfassbar lange und doch so kurze Stunden.


An anderen Tagen waren die wenigen wachen Stunden so schmerzlich, dass ich mir wünschte, es würde sofort vorbei sein: Keine Übelkeit mehr, keine blutigen Verbandswechsel, keine Schmerzen. Keine Lea, deren Anblick mir das Herz in Millionen Scherben bricht. Kein Schmerz über ihre gesprochene Worte, weil sie so spärlich und so mühsam sind. Und diese schwarze, so dunkle Trauer, die mich jetzt schon die Stille und Leere erahnen lässt, soll endlich über mich hereinbrechen und nicht mehr hinhalten. 


Das sind meine Erinnerungen an diese 13 Tage. Und wie ich mich verachte, dass ich darin immer nur diese elende Krankheit sehe und so wenig Lea in meinen Bildern ist. 

Gerade, beim Schreiben, an der Wertach sehe ich einen einsamen Schwan in dieser eisigen Kälte, wie er gegen den Strom schwimmt. Ich sehe mich schwimmen mit aller Kraft. Und kämpfen, obwohl der Kampf doch verloren ist. Mit aller Kraft schwimme ich, gehe unter, tauche wieder auf und weiß nicht wohin und noch weniger wozu. Was ist mir geblieben von meinem Glück? 


Erinnerungen und die Liebe - würden jetzt viele schlaue Ratgeber und Menschen sagen. Aber ich will sie nicht! Ich will mein Kind, mein kleines Riesenglück, mein Herz, mein Leben zurück. 

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