Mein Geburtstag

Mein erster Geburtstag nach ihrem Tod. Mein erster Geburtstag. Dabei bin ich noch nicht einmal ein Jahr alt als neugeborene Mama. Als neugeborene verwaiste Mama. 

Es ist einfach nur grausam - Happy Birthday! Ich bis so alt geworden und werde ein Jahr älter, während mein Kind für immer zwei bleiben wird. 

Ich blicke auf Karten und Nachrichten, mit welchen man mir ein langes Leben wünscht. Das löst bei mir ungefähr das Gleiche aus, was die Absender empfinden würden, wenn ich ihnen ein möglichst friedliches, aber baldiges Lebensende wünschen würde. 

Was gibt es zu feiern? Ich bin geboren. Ich habe ein Kind geboren. Es ist gestorben und ich lebe noch. Ich hätte so gerne getauscht. Was gibt es da zu feiern an meinem Älterwerden? An einem weiteren Jahr? Dass es nicht darum gehen kann im Leben, möglichst alt zu werden, lehrt uns doch das Sterben eines Kindes. Oder nur mich? Dass es nicht darum gehen kann, Erfolg zu haben, lehrt uns doch die Tatsache eines viel zu kurzen Lebens ohne Schulabschlüsse und Leistung, die so gern und unbedacht von Kindern gefordert wird. Oder nur mich? Dass es nicht darum gehen kann, Glück zu haben, zeigt uns ein jeder grausam leidvoller Weg des Sterbens eines Kindes, das eben kein Glück hatte. Oder nur mich? Dass es letztlich auch nicht um Gesundheit gehen kann, lehrt uns die Tatsache, dass kleine, unschuldige, kranke Kinder auch nach einem langen, tapferen Kampf sterben müssen. Das macht ihr Leben deshalb nicht sinnlos oder weniger wertvoll oder weniger glücklich.

Dass Wünsche nicht währen, lehrt mich der Tod meines Kindes - wenn es anders wäre, wäre es gesund geworden.

Manch sorgsamer gewählter Geburtstagsgruß wünscht mir nichts, bekundet nur die schöne Tatsache, dass ich am Leben bin. Was gibt es da zu feiern? An (m)einem Leben, das ich keinem Menschen dieser Welt wünschen würde. Happy Birthday!


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Ich sitze da und bestaune weinend mein Wunscherfüllerlicht (Ironie des Schicksals) - Ein kleines Geschenk meiner verstorbenen Tochter vom letzten Jahr. Und bringe nur ein paar kitschige Reime zu Papier: 


Ein Lichtlein nur

Vom letzten Jahr

ist mir geblieben.

Der einzige Wunsch

wurde nicht wahr.

Verflogen.

Mir gestohlen.

Dabei wünschte ich doch nur

dein "Mama Gebu'tstag"

heut' zu hören.

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