Erinnerungen Platzen Auch Wie Seifenblasen

Ich sehne mich nach der Seifenblasenwelt, in der ich in den ersten Wochen nach deinem Tod schwebte. Zwar sah sie kaum einer... Die zarte, fast unsichtbare Hülle einer Seifenblase. Doch sie umhüllte mich und schützte und da gab es doch den einen oder anderen, der das bunte Schimmern im Lichtspiel der Sonne wahrnahm. Und ich war nicht alleine.

Die Seifenblase aus einer anderen Welt. Aus deiner Welt, die ich versuche zu ergründen und zu meiner eigenen zu machen. Damit wir nicht getrennt sind. Nicht in verschiedenen Welten. Höchstens dazwischen. 

Nach fast einem Jahr: Alle sehen die Welt in ihren eigenen, gewohnten Farben. Seifenblase schon lange zum Platzen gebracht.

Ich klammere mich an dem letzten Schimmer jener Seifenblase, den ich in mir gespeichert habe. Breite Fotos von dir auf dem Boden aus bei Kerzenlicht, damit sie leuchten und weniger weh tun. Behutsam bin ich damit geworden. Denn sie werden rar.. die Fotos und die Erinnerungen - über das, vor einem Jahr. Selbst das Erinnern-können schwindet..

Noch eine Blase platzt. 

Und ich bin ohne Schutzhülle, ausgeliefert. Dem Schein der Sonne, der zu hell ist. Dem Blau des Himmels, der Vielfalt der Blumen, dem Gesang der Vögel.. Schutzlos und nackt, wie geschält und tausende Schichten abgelegt, stehe ich der Schönheit des Lebens gegenüber, die mich die Schwere deines Todes noch mehr spüren lässt und klammere mich an den Schimmer der Seifenblase, weil er beide Welten vereint. Klammere mich an die Fotos auf dem Boden, die mich erden und gleichzeitig schweben lassen. Rar sind sie geworden die Fotos, obwohl nicht weniger. 


Du fehlst, hier. Und auf allen Fotos, die seit fast einem entstehen. Matt sind sie alle und haben deinen Glanz verloren. .. 

Fotos.. auf dem Boden... im Kerzenlicht. Denke an den Schimmer der Seifenblase.. es schmerzt, weil noch mehr geplatzt ist... Nach fast einem Jahr.


(August 2018)



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Kommentare: 1
  • #1

    Iris (Donnerstag, 02 Juni 2022 18:00)

    So ein trauriger und wunderschöner Text. Und wie du auf dem Bild deine Tochter anschaust: nur mit der unendlichen Liebe einer Mama kann man sein Kind so mit Tonnen von Zuneigung und Herzenswärme anlächeln... sooo rührend und ergreifend.