Über Begegnung

Mir begegnete einen alte Dame im Park, während ich mein erstgeborenes Kind schlafend im Kinderwagen schob. Sie blickte kurz hinein und dann viel länger in meine Augen. "Das sieht nach ganz ganz frisch aus, dieses Kindlein" - sagte sie und ich nickte. Noch bevor ich einen Ton herausbrachte, völlig erfasst von ihrem ehrlichen, sanftmütigen Blick, fügte sie hinzu: "Da haben Sie was geleistet! Sie haben dieses Kind auf die Welt gebracht. Was das für eine Leistung ist, sehen die ganzen modernen Menschen noch weniger als zu meiner Zeit". Sie lächelte und schaute nochmal zu dem Kindlein während ich  ein "Danke Ihnen" stotterte und mir eine Träne in die zum Lächeln geformten Mundwinkel rollte. Sie wartet kurz, aber ich sagte nichts und so ging sie langsam an uns vorbei und klopfte mir kurz zärtlich auf die Schulter mit der gebrechlichen Hand.


Jetzt, mehr denn je, wünsche ich mir die alte Dame zurück. Und ganz viele davon, wenn ich spazieren gehe.


Der Blick haftet an mir und dem schlafenden Baby in der Trage. Ein Lächeln, das einem so oft begegnet, wenn Menschen ein zufrieden schlummernden, kleines Kindchen sehen. Alles ist voller Liebe und Harmonie - das strahlt auf andere über.

Der Blick haftet weiter, wird prüfend, wertend, fragend. Er haftet nur noch an mir, weil ich nicht bestätigend zurück lächele und meine roten Augen und die sich anbahnenden Tränen bemerkt wurden. Mal abgesehen davon, dass es jeder Mutter zusteht, mit einem kleinen Baby überfordert und traurig sein zu dürfen - Ja, gerade dann, wenn es friedlich schlummert und dafür überhaupt Raum lässt - will ich schreien, warum ich gerade weine. Weinen darf und überfordert sein. Und ich ertrage es nich, dass mir begegnende Menschen, nicht wissen warum und.. prüfen, werten, ohne wirklich zu fragen. Liebe strahlen wir aus und stören die Harmonie des Beobachters, wenn Tränen dazu kommen. Nichts ist harmonisch, denn ich weine um mein erstgeborenes Kind, wenn das zweitgeborene friedlich in der Trage schläft und ich wünsche mir bei jeder Begegnung die alte Dame zu treffen. Ihr.. ihr würde ich meinen Schmerz jetzt hinausweinen können, weil sie mir damals wirklich begegnet ist. 

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