Fast hätte ich dich nochmal verloren. In allen ersten Malen mit einem anderen Kind, das auch meines ist, wie du, mein geliebtes kostebares. In den ersten, die seit seiner Geburt nicht mehr nur dir gehörten, weil Erinnerungen sich vermischen, wie Farben beim Malen. In den Malen, als es deinen von mir gehüteten Handabdruck an der Glastüre mit den schmierigen Fingerchen verwischte. Als es deine geliebte Rutsche im Garten zu seiner mache. Als es das erst Mal "Mama" sagte, dachte ich, den Klang deiner Stimme zu vergessen.
Fast hätte ich dich nochmal verloren bei den quälenden Gedanken, welche ersten Male, schwerer wiegen - die in ihrer Ähnlichkeit wehmütig an das Leben mit dir erinnerten oder jene, die ganz anders und neu waren und dein Dasein in schmerzlich weite Ferne rückten.
Fast hätte ich mich verloren in der sanften Melodie unseres Gute-Nacht-Liedes, das ich wieder singen durfte. Stattdessen verlor ich mich viel zu oft in der Wut, wenn nach einem anderen Lied verlangt wurde.
Und dann fand ich in alle dem, mit und zwischen euch den roten Faden. Ich dachte, überstanden zu haben. Die ersten Male.
Bis die anderen kamen..
Da sauste dein Bruder mit dem Laufrad an mir vorbei. Zum ersten Mal. An mir vorbei.
An mir vorbei zog keine Erinnerung, dafür das brutale Erinnern daran, um was dich das Leben betrogen hat. Und mich.
Und während er noch etwas wackelig war, bekam ich weiche Knie. Und während andere Eltern in solchen Momenten in die Hände klatschen, hielt ich mir die Hand vor den Mund und drückte so fest ich konnte. Um zu erdrücken die sich einbrennende Erkenntnis, dass sie nie aufhören werden - die neuen ersten Male.
Fast hätte ich dich nochmal verloren.
Verliere dich immerzu in allen neuen ersten Male.
Und finde dich immer wieder neu.
Und oft findest mich du.
Nur dieses Finden währt immer.
Wird unverlierbar gegen das Sausen von Laufrädern und Zeit. Kennt keine Zahlen, Meilensteine, kein Alter.
Und auch keine ersten Male.
Mitte November 2022
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