Einsamkeit

Es ist still geworden um dich. Und es passiert etwas, dass ich für unmöglich gehalten hatte - es ist an manchen Tagen still geworden zwischen uns. Die Einsamkeit hat ihre Arme ausgebreitet und ich bin ihr in diese hinein gefallen, weil sonst keine anderen mich halten können an solchen Tagen. Und jetzt lässt sie mich nicht mehr los, hat sich fest gekrallt an meinen Schultern, die ohnehin unter ihrer Last zu zerbrechen drohen. Nein, ich bin nicht alleine. Ich bin nur einsam, weil du fehlst. 

Ich verstehe nicht, wie das Fehlen es schafft, sich zu vermehren. 

Ich verstehe nicht, ob die Einsamkeit die Stille zwischen uns schafft oder ob die Stille die Ursache der Einsamkeit ist. Wo bist du nur, mein geliebtes kostbares Kind? Nein, ich bin nie ohne dich. Ich bin nicht allein. Nur einsam, weil du fehlst. 

Seit Tagen spüre ich dich nicht mehr. Spüre ich nichts mehr. Außer Einsamkeit. Manchmal versuche ich den Rest zu addieren - den Rest außerhalb deines Fehlens. Ich summiere und nehme hoch zehn. Hinter dem Istgleichzeichen steht Einsamkeit. Der Rest ist gleich Einsamkeit, weil die Stille zwischen uns auch in dem Rest enthalten ist. Wo bist du nur, mein Kind? Ich bin nicht alleine, nur einsam. Einsam in deinem Fehlen.

"Ich finde dich in allen Dingen" - schrieb Rilke. Ich finde nur dein Fehlen in allen Dingen, lege Rilkes Buch zur Seite und lasse mich von der Einsamkeit umarmen und frage wieder, wo du bist.

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