Mutterwerden. Neun Monate. Transformation. Im Monat Neun Danach

Mein geliebtes kostbares Kind! Ich meine zu wissen, warum die Einsamkeit der letzten Wochen über mich hereinbrechen musste.

Im Irrgarten der Suche nach dir, musste ich mich auf eine andere machen. Einsam musste ich nach mir selber suchen. Denn ich bin eine andere geworden. Fast schon ironisch, dass es gerade im neunten Monat geschieht. Neun Monate - wie damals, als ich schon einmal eine andere geworden bin. Du bist genau so lange in mir heran gewachsen und ich bin währenddessen Mutter geworden. Es stimmt nämlich nicht, dass mit der Geburt eines Kindes, eine Mutter geboren wird. Der Beginn dieser Geburt geschieht viel früher und ist nicht an den fixen Zeitpunkt der Entbindung geknüpft. Diese Geburt ist ein Prozess. Eine Transformation. 


Jetzt wachse ich seit deinem Tod, um als verwaiste Mutter geboren zu werden. Diese Geburt ist ein Prozess. Eine Transformation. Sie ist nicht an den fixen Zeitpunkt des Todes geknüpft. 


Vielleicht dauerte sie bei mir die gleichen neun Monate. Denn jetzt bin ich im Werden, was ich nicht mehr bin. Was ich dir nicht mehr werden kann. 

Die Einsamkeit drängte mich vor das Fragezeichen der Sätze, was ich bin, ohne dich an der Hand? Wer bin ich mir noch? Wer bin ich dir noch? 


Ich höre auf zu sein, was wir nicht mehr sind, um zu werden.. was immer sein wird, nicht begrenzt durch Tod und Geburt. Vielleicht braucht es die Einsamkeit dafür. Vielleicht warst du gar nicht weiter weg, sondern viel mehr in mir, wie damals, in den neun Monaten. Und ich musste mich finden und geboren werden.


Man wird nicht Mutter mit der Geburt eines Kindes.

Man wird nicht verwaiste Mutter mit dem Tod eines Kindes.

Alles ist wachsen und geboren werden und dann ein SEIN. Da hinein transformiere ich mich und beobachte das langsame Erscheinen eines neuen Selbst. Damit wir werden ... was wir uns nicht mehr sein können. 


Du bist da, in dieser Erkenntnis. Und ich bin da, deine Mama. In Transformation. Wie damals. Meine Eigenwahrnehmung war gebunden an das Bild einer Mutter, die ich dir sein wollte. Das kann ich nicht mehr, weil du nicht mehr das Kind bist, was du warst. 

Wir werden uns finden und sein. 

"Alles ist austragen und dann gebären" - Rilke muss es wissen. 


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