Seiten.Wechsel

Meine kostbare, geliebte Tochter!


Auf welche Seite bist du gewechselt? Auf welcher Seite dieser Welt stehe ich? Ich habe die andere Seite des Mutterseins kennen gelernt mit deiner Erkrankung. Kaum dort angekommen, bin ich gewechselt, auch von dieser Seite auf eine unbekannte. Auf die der Mütter, die ihr Kind beweinen. 

Ich habe wieder die Seite gewechselt.

Die Seite hat mich gewechselt.


Ich komme hier immer noch nicht an. Dabei lese ich ständig Bücher, in welchen immer eine Stelle davon erzählt, dass andere die Straßenseite wechseln, wenn sie einer Mama wie mir begegnen. Ich achte bisher nur wenig auf die Straßen und auch nicht auf die Seiten und noch weniger, wer wohin wechselt. Ich muss meine Seite kennen lernen, auf der ich einfach für mich ein paar Schritte geradeaus gehen kann. 


Ich bin hin- gerückt worden auf diese Seite.


Aber wohin soll ich gehen und wem ausweichen und wann abbiegen?


Dass jemand die Straßenseite wechselt, wenn ich gerade dabei bin, diese unsicheren Schritte zu gehen, wird weh tun. Vielleicht sehe ich deshalb niemanden. 


Weg - gerückt bin ich. Von allen anderen. Auf eine unbekannte Seite, die vielleicht der Weg zu dir ist. Dann will ich ihn gehen. Auf dieser Seite, wo ich noch nicht angekommen bin. Ver - rückt. 


Bisweilen wechsele ich die Straßenseite und sehe es sehr wohl, wenn mir eine Frau mit Kinderwagen entgegen kommt. Ich wechsele den Planeten, wenn ich ein Mädchen in deinem Alter sehe. Ich wechsele die Galaxie, wenn ich eine Mutter ihr Kind anschreien höre wegen einer Banalität. Ich fahre Umwege, um nicht an dem Spielplatz um die Ecke vorbei zu müssen..


Weg - gerückt. 

Ver - rückt.. denn

Ich gehe schwere Schritte dorthin, spät abends, wenn die anderen Mütter neben ihren Kindern schlafen. Dorthin, um die Ecke, zu unseren Spielplätzen. Ohne dich an der Hand, hat nur der Mond die Eintrittskarte - für Mütter, wie mich.

Ich bin auf dieser anderen Seite. Auf der von Müttern, die ihr Kind beweinen. Ich muss hier ankommen. 

Ich habe die Seiten gewechselt. 

Die Seiten haben mich gewechselt. 

Hin - gerückt bin ich worden.. und weiß nicht wohin.

Weg - gerückt, von dem, was ich wusste.

Vom Spielplatz um die Ecke. Von meiner Straßenseite, die ich mit dir unbeschwert und dann voller Schwere ging. 


Jetzt gehe ich voller Leere.. 

Will die Straßenseite wechseln oder rückwärts gehen. 

Will doch gehen, wenn es der Weg zu dir ist.


Du fehlst. Jeden Tag. Bei jedem Schritt.

Auf jedem Spielplatz. Auf jeder Straßenseite in beide Richtungen. 


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