Letzte Wege

Zuhause. September. Mein geliebtes Kind! Letztes Jahr, du weißt es und ich muss es nochmal denken, sagen, schreiben um es auch zu wissen. Ich gehe jeden Schritt noch einmal, wie damals..


Ich gehe mit dir die letzten Wege. Ich bin die ersten Schritte mit dir gegangen - du ganz wackelig an meiner Hand und deine Füße tapsend. 

Jetzt sind meine Füße ganz wackelig und du auf meinem Arm. Ich trage dich, weil deine Beine versagten. Für deine letzten Wege. Für den letzten Weg nach Hause. 


Kann sich das irgendjemand auf dieser Welt vorstellen, wie es sich anfühlt, sein Kind, sein sterbendes Kind den Weg, die Treppe hoch, nach Hause zu tragen wissend, dass es der letzte Nachhauseweg sein wird? Durch die Türe zu gehen, die für dieses Kind nie mehr in die andere Richtung aufgehen wird.. 


Wir gehen hindurch. Durch diese Tür. Nach Hause. Zum Sterben. Für dein Sterben. 


Wir gingen durch die Nachhausetüre ein erstes Mal, mit dir auf dem Arm. Für dein Leben. 


Vom diesem verabschiedest du dich. So bewusst, dass meine wackeligen Füße trotzdem wissen, wohin sie dich tragen sollen für (d)ein letztes Mal. Für die letzten Wege. In unserem Zuhause. Hinter der verschlossenen Tür - nimmst du Abschied von deinem Zuhause, nehmen wir Abschied von dir und ich weiß von allen letzten Malen. 


Hinter der verschlossenen Tür sind sie mir geblieben, wenn ich im Dunkeln tapse durch die Nacht und durch die Wohnung und wieder wackelige Beine spüre und leere Arme. In unserem Zuhause. Es ist so voll von letzten Dingen, von letzten Malen, von deinem Sterben. Es ist so voll von deinem Leben

Kommentar schreiben

Kommentare: 0