Was Bleibt

Ich möchte dich nicht ins Unglücklichsein stürzen, aber ich muss ein paar Worte dazu sagen. Ein paar Worte, die ich mir von dir gewünscht hätte und deren Fehlen, mich sehr wohl noch mehr unglücklich gemacht hat. Deshalb, nur deshalb erlaube ich mir welche.

Stell dir vor, geliebte Freundin, die du mir warst, dein Kind würde in elf Tagen eine lebensverkürzende Diagnose bekommen. Und dann nach elf Monaten sterben. Stell dir vor - ich, deine geliebte Freundin, die dein Kind im Arm hielt, auf dieser Welt begrüßte, zum Geburtstag beschenkte, das größte Glück mit dir teilte und diesen kleinen Menschen feierte.. würde nach viel weniger als elf Jahren kein einziges Wort mehr über dieses kleine Wunder verlieren in den letzten elf Gesprächen. Mit einer Geste zu seinem Geburtstag oder Todestag würdest du gar nicht mehr rechnen und doch wieder enttäuscht sein, dass es keine gab. Da wäre noch Weihnachten, das für euch Eltern das traurigste Fest sein würde, an dem ich einfach keine Zeit gehabt hätte, igrendwas für euch in ein Päckchen zu packen. Leider würde es so stressig werden, dass ich noch nicht einmal eine kurze Nachricht geschickt hätte. 


Die Vorstellung ist schrecklich, nicht wahr? Und du willst es dir nicht vorstellen und kannst es nicht, weil ich bin doch deine geliebte Freundin..


Siehtst du gerade, wie dein Kind fröhlich spielt oder nach dir ruft, weil es doch nicht weiter schlafen kann? Wer würde an dieses Kind denken, wenn es das wäre, das verstorben ist? 

Du! Immer. 

Und ich an dich genau deshalb, weil ich wüsste, dass du an nichts anderes denken kannst.



Und so denke ich an meins. Jeden Abend und an jeden Morgen, wenn ich aufwache. 

Das ist ein großer Teil meines Lebens. Und wenn es deiner wäre in dieser Art, was ich dir nicht wünsche, würde ich daran Anteil haben wollen. Weil "teilen" eine Freundschaft ausmacht und "gedenken" auch, wenn ein Mensch, der verstorben ist, einem wichtig war - und erst recht wenn es das Kind einer Freundin ist.


Und so frage ich mich, geliebte Freundin, WAS BLEIBT von Freundschaft. Geliebt sind wir jedenfalls - jeweils voneinander. Das bleibt und manchmal reicht es nicht. 



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