Kinderkrebs

"Wir holen die Kollegen von der Kinderonkologie. Sie können nochmal ins Wartezimmer."

Warten.


"Wir können Ihnen nichts sagen, bis die Ergebnisse der Biopsie da sind. Es sieht nicht gut aus."

Warten.

VIERZEHN Tage lang mit dem, was nicht gut aussieht, wir aber sehen und tasten können.


Dann zog er ein - der Krebs, mit der Gewissheit der Diagnose in unser Zuhause und war längst daheim in deinem kleinen Körper.


Breitete sich aus in fast alle deine Organe und jede Ecke unseres Zuhauses. Kroch in jede Kammer und vor allem in die zwei meines Herzens.


Da ist er nie ausgezogen. Auch nicht mit deinem Tod. Er starb mit dir in deinem Körper, doch nicht in verstaubten Ecken des Kinderzimmers. Doch nicht auf vom Staub frei gewischten Fotos von dir. Da ist er verborgen in den roten Narben und gelben Schläuchen, in bunten, hübschen Mützen, die hässliche Felcken und geschwollene Lymphknoten verdecken. 


Da ist er nie ausgezogen. Nicht auf den Zahlen des Kalenders, der neu nur die Jahreszahl benennt.


Es sind die Tage, sie sind gleich. Gestern, heute, morgen. In tausend Jahren. "Mein Kind hat Krebs" - das bleibt. 

Warten.

Auf den Rezediv, auf die neue Chemo, auf Wunder,  auf den den Tod des eigenen Kindes. Das bleibt.


Ganz gleich, dass eigentlich "mein Kind HATTE Krebs" die Wahrheit ist. 

Zu kurz manchmal die Spannweite zwischen hat und hatte. Kein Raum für Clinikclowns. Kein Platz für Herzchen-Pflaster auf dem Schlauch, der sich in deine Brust knapp neben dem Herz bohrt. Keine Zeit. Hatten wir.

Warten. 

Das ist in meinem Herzen. 

Immernoch. 

Das bleibt.




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