Endgültig

Was endgültig bedeutet, fragt mich dein dreijähriger Bruder.

Ich denke an den Tod. An deinen Tod, mein geliebtes kostbares Kind. An was auch sonst bei dieser gewaltigen Frage.

Früher wäre mir für ein Beispiel vermutlich das Wort Entscheidung eingefallen und ich hätte erklärt, was es heißt eine endgültig getroffen zu haben. 

Ich habe lange versucht, deinen Tod zu begreifen und mit seiner Endgültikeit, bin ich immer noch nicht fertig.  

Ich gehe gedanklich Begriffe durch, die wenigsten irgendwie greifbar sein könnten für das zarte, wissbegierige Alter, das noch so wenig in Frage stellt. Ich will behutsam meine Wortwahl treffen und nicht unbedingt den Tod erklären müssen. Nicht schon wieder.


"Wenn etwas für immer ist, mein Schatz" - lächeld und kurz stockend, weil mein innerer Raum gefüllt wird von der Bedeutung eines einzigen Worten und der Unumkehrbarkeit des Totseins. Doch ich bin zufrieden mit der Antwort.


Was "für immer" bedeutet, fragt dein Bruder darauf hin. 


"Dass es kein Ende gibt, mein Schatz".


"Nein, denn es heißt doch ENDgültig!?"

...


Vielleicht hat mir gerade dein dreijähriger Bruder  den Tod erklärt - besser als ich es je könnte.


Ein Blick auf dein Foto an der Wand.

Ein Kuss auf die Stirn deines Bruders.

Ein kleine Träne, während ich zustimmend lächele und mich gedanklich verneige vor eurer Weisheit.


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