Von Demselben Kind

Als ich von der Schwangerschaft mit dir erzählte, sagten sie, es sei die gesegnetste Zeit im Leben und dass du, mein Baby, ein neuer Mensch, ein einmaliges Individuum bist. Anders als jeder andere Mensch auf der Welt - welch ein großes Wunder mir geschieht. Mir wurde gesagt und zugestanden, dass dieser neue Mensch mein Leben für immer verändern wird.


Unsere Zeit war nicht "gesegnet". Und als du, genau dieser einmaliger, kostbarer Mensch gestorben bist, sagten sie manchmal, es sei besser so, weil du nicht mehr leiden musst. Hofften sie, ich bekomme weitere Kinder. (Welche, die mehr "gesegnet" sind?!!)


Ich höre, welch ein Glück es doch ist, noch weitere Kinder zu haben, jetzt wo deine Geschwister da sind. Dass das Leben weitergeht, sehen sie darin bestätigt. Dass auch dein Tod (mehr als nur) mein Leben verändert hat, sagt niemand. Du bist immernoch ein Mensch, der einmalig ist in dieser Welt.


Wie in sich selbst wiedersprüchlich Menschen denken können..

Ein Ungleichgewicht und eine Dissoziation, 


Es macht etwas aus, ob andere auch deinen Verlust teilen. Dich als ein fehlendes, unersetzbares Stück empfinden. Es macht MIR was aus, ob im Päckchen an uns als Familie auch an dich gedacht wurde. Ich denke daran, wer bei der Trauerfeier gegenwärtig war und wer nicht. Ich lese manchmal immer noch die Beileidskarten durch. Ich speichere jede Reaktion, wenn ich von dir erzähle...

Ich wünsche mir nicht viel mehr, als dass ich meinen Schmerz auch im Gegenüber gespiegelt sehe. Jedes einzelne Mal, wenn dem nicht so ist, stehe ich vor der Wahl zwischen stummem Verdrängen und lautem Erklären. Meistens wird aber das Verdrängen laut und das Erklären immer stummer. 


Wenigstens braucht das Schreiben keine Lautstärke. Ich werde so lange ich kann, an dich schreiben, mein geliebtes kostbares Kind.

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