Der Letzte Samstag Mit Einem "Nur" Schwerkranken Kind

Das letzte Wochenende mit dir zuhause. Stimmt nicht ganz - das letzte mit dir an dem du "nur" krank warst. Es sollten noch drei folgen, die wir zuhause verbringen im September - mit dir, die nicht mehr nur krank ist, sondern sterbend.


Mein geliebtes kostbares Kind, weißt du noch wie wir weinten, weil nichts anderes möglich war. Wir alle drei zusammen und abwechselnd Papa und ich für sich, obwohl doch nichts weiter Schlimmeres passiert war. Wir wollten in die Klinik für eine zusätzliche Chemotherapie am Montag, auf unseren Wunsch hin, eher so vorsichtshalber. Und um endlich etwas gegen den Juckreiz zu tun, der dich seit Tagen immer mehr quälte und mich immer ratloser machte. 

Alles, was wir hatten - alles was wir als Eltern durften - war ausgeschöpft:  viel cremen, nochmal mehr und nochmal, obwohl jede kleinste und noch so behutsame Berührung auf deiner Haut schon zu viel wurde.  „Jucktropfen“ - wie du sie nanntest für die Nacht - an diesem Wochenende in viiiiel höherer Dosis. Nachts hörte ich trotzdem dein verweintes herzzerreißendes "Luckt-Luckt"( juckt – juckt). Immer wieder... Und wieder.. und wieder..  und dazwischen "Mama tascha", was Mama streicheln hieß. Ich streichelte und pustete schlaflos und war so hilflos und wünschte mir nichts lieber, als in der Klinik zu sein. Wie makaber oder?!!

Ein ganz starkes Antiallergikum. Zum ersten Mal. Und zum letzten, denn es half, doch machte es dich benommen und dir und uns noch mehr Angst. Während du, verunsichert im Gehen, im Sprechen durch den Vormittag getaumelt bist,  verfluchte ich alle "Heilmittel" - NICHTS hat Wirkungen ohne NEBENWirkungen und abzuwägen, was weniger tragisch ist, ist verdammt schwer und verdammt nochmal nicht das, was ich entscheiden sollte. Ich wollte nur noch in die Klinik! Wie makaber oder?!!

Anrufe, Erklärungen, Beschreibungen.. bis dein Papa Cortison holen darf aus der Klinik. 

Erleichterung auf deiner Haut, doch nicht in meinen Gedanken. Ein paar Stunden normales Kindsein, von denen wir nicht ahnen, dass es die letzten sind. Denn es kam nur mit einem weiteren Sonnenaufgang der Sonntag, an dem deine letzten Schritte gegangen bist..


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