Trostworte

Als du seit ein paar Wochen gestorben warst, holte ich ein geflochtenes Körbchen wieder aus dem Keller. Eins, in das ich dich einmal als Baby reingesetzt hatte um Fotos zu machen.

In das gleiche ordnete ich alle Karten, die uns zu deinem Tod erreicht hatten. Sorgfältig, eine nach der anderen. Ganz vorne ein paar, deren Texte mich besonders getroffen haben oder besser gesagt ergriffen. 

Dein Foto, Kerzen, das Körbchen und ein paar Kleinigkeiten, die an dich erinnern, waren ein Altar für dich über viele Monate hinweg.

Ich brauchte ihn irgendwann nicht mehr. Das hieß nicht, dass du weniger gefehlt hast.

Die Karten sind in einem anderen Körbchen in einer Schublade. Das Wissen um sie reicht mir und wenn nicht, dann lese ich ab und an eine.

Das Foto mit der Kerze davor steht auf der Wohnzimmer-Kommode neben einer Zimmerpflanze und anderen gewöhnlichen Sachen. Das heißt nicht, dass die Kerze seltener brennt und ich mich daran gewöhnt hätte, dass du, mein Kind, gestorben bist.

Die kleinen Sachen von dir sind in der Erinnerungskiste verstaut und neue, die deine Geschwister für dich hinlegen, haben ihren Platz.

Das heißt nicht, dass sich die Bedeutsamkeit der Dinge geändert hat.

Ich sammele keine Federn mehr, wenn ich spazieren gehe.

Das heißt nicht, dass ich nicht mehr bei jeder einzelnen, die ich sehe, an dich denken muss.

Ich fotografiere nicht mehr jeden Schmetterling, der mir über den Weg flattert.

Das heißt nicht, dass ich nicht mehr innehalten - ungesehen - für Sekunden dich zu spüren versuche.

Ich muss nicht mehr in jedem Gespräch, deinen Namen nennen. Das heißt nur, dass er noch fester in mein Herz geschrieben ist.