Wichtig

Du hattest Krebs, mein Kind. Du bist daran gestorben. Nie wird irgendetwas an das Ausmaß meines Schmerzes, dich im Sterben zu begleiten hinkommen. 

Schmerz kennt keinen Vergleich, heißt es. Aber es stimmt nicht. Ich vergleiche und messe.. messe alles an dem, was dir geschehen ist und mir mit dir.

Obwohl auch nicht mal das stimmt - "mir" mit dir kam viele Jahre später. Die ersten Milliarden von Tränen galten dir, deinem Schmerz, deinem Leid, deiner dir geraubten Kindheit, deinem nicht gelebten Leben, bis sich eine kleine glänzende Träne traute auch mich zu beweinen.

Der Krebs und dann die Art und Weise deines Sterbens haben alles überschattet, vieles an die Wand gedrückt und verblassen lassen. In Farbe war nur noch das Wesentliche da. Und darin hatten Befindlichkeiten wegen körperlichen "Wehwehchen" so gar keinen Platz. 

Mir fehlte es nicht an Selbst-Mitgefühl, wie Manche denken könnten. Es ist viel eher, dass alles körperlich schmerzhafte unterging im eigentlichen umfassenden Schmerz, der Teil von mir wurde.

Vielleicht hat sich auch mein Schmerzempfinden grundlegend geändert, so wie sich alles geändert hat. 

Seit dieser ersten um mich geweinten Träne, gab es viele weitere, die mir gelten. Die ich mir zugestehe und meinem nicht gelebten Leben mit dir.


Und ich kann weinen, wenn mein Körper weh tut ohne dass ich aufgehört hätte zu vergleichen, zu messen, daran zu denken, was du Schreckliches ausgehalten hast, mein Kind. 

Es ist ein neben- und miteinander an Schmerz, ein "das auch noch" - Gefühl. 

Und so lag die letzten Tage im Bett - eine Hand auf meiner glühenden Stirn und die andere ausgestreckt zur Seite, an der du gelegen bist im September vor sieben Jahren. An dich denkend, an die Schmerzpumpe und wie der Knopf für den Bonus an Morphium aussah. 

Eine Ibuprofen für mich.



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