Bilder In Mir

Ich habe keine Bilder von dir. Ich trage sie nicht in meinem Herzen. Ich habe und trage nicht, ich fühle sie.


Ich fühle sie. Ich fühle die Ohnmacht deiner kleinen Hand, die meine fest umklammert während ich dich in fremde Arme, die einen weißen Kittel tragen, geben muss. Ich fühle die Ohnmacht, dich nicht davor bewahren zu können, was letztlich vergeblich war und dein Leben nicht bewahren konnte. 


Ich spüre die zartraue Struktur des Verbandes, der deinen halben Kopf bedeckt, immernoch in den Fingerkuppen. 


Und ich spüre den festen Handruck der Krankenschwester, die nach meiner Hand greift, während ich meinen Kopf wegedrehen muss beim ersten Verbandswechsel, der im Maß der Wunde darunter das Ausmaß des Geschehens offen legt. 


Wenn ich ein Bild von heute vor sechs Jahren ansehe, fühle ich. Deinen hilfesuchenden Blick und meine Hilflosigkeit, dich nicht retten zu können und derer, in weißen Kitteln, die so gern deine Retter gewesen wären.


Wenn ich ein Bild von heute vor sechs Jahren ansehe, sehe ich die Hoffnung, die diese Bilder tragen und ich nicht mehr im Herzen fühle. 


Wenn ich Bilder von heute sehe und die Worte dazu lese - von anderen kranken Kindern und deren Eltern, fühle ich Dankbarkeit für die Bilder in meinem Kopf von den weißen Kitteln. Und Wut. Wer macht sich Gedanken darüber, wenn am Ende Alles vergeblich war, welch eine Rolle diese Bilder im Fühlen für ein Leben lang spielen..


Ich trage keine Bilder in mir. Ich fühle sie.

Die Bilder von heute werden das Fühlen vieler Eltern morgen sein. Und ein Leben lang.

 

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