Wer Ich Bin Ohne Mein Kind

Wer bin ich ohne mein Kind? 


Ich las diese Frage irgendwo und versuchte sie für mich zu beantworten und konnte es nicht.

Denn ich bin nicht ohne mein Kind. Ich bin mit meinem verstorbenen Kind. 


Das Ich, sich selbst zu finden, ist vielleicht die größte Schwierigkeit des Lebens nach dem Verlust des eigenen Kindes - da brennt die Sehnsucht nach dem alten Leben, damit auch nach dem alten Ich, das es aber nicht mehr gibt.  

Gleichzeitig ist noch lange kein anderes oder neues da. Leere. So leer wie sie nur sein kann.


Kein Halt, kein sich wieder finden in allen anderen Ichs neben der Rolle als Mutter eines Kindes, denn auch sie sind mit seinem Tod gestorben.

Ich bin eine andere Freundin, weil mir Fotos unserer Jugend auf der Tanzfläche so fremd scheinen, dass es fast weh tut.

Ich bin eine schlechte Nachbarin, weil mich der Smalltalk im Treppenhaus nur anstrengt. 

Ich bin keine Kollegin, weil ich den Job des alten Ichs nicht mehr ausüben kann. 

Ich kann keine nette flüchtigen Bekannte sein, weil mir darin der Raum fehlt Mutter eines toten Kindes sein zu dürfen. 

Ich bin nicht diesselbe Tochter, weil der Tod an der falschen Stelle unsere Familie heim gesucht hat und ich erwachsener werden musste ohne zu altern. 

Ich bin eine andere in derselben Ehe mit einem Mann, der auch ein anderer geworden ist, weil auch ihm sein Kind gestorben ist. Mein Kind. Unser Kind. 


Ich bin eine andere und genau darin mit meinem Kind. 



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