Noch Gar Nicht Da Als Du Noch Warst

Er war noch gar nicht da, als du du noch da gewesen bist. Der Rhododendron blühte vor Kurzem in seiner vollen Pracht und deiner Lieblingsfarbe. 

Daneben der Rosenstrauch, den du immer gegossen hast mit der kleinen grünen Gießkanne. Viel größer ist er. Als damals. Als du je geworden bist. Die Knospen verhüllen jedes Jahr die Blüten und deren Farbe. Verhüllen und tragen ein Geheimnis, dass kaum jemand, der sie vorbeilaufend wegen ihrer Schönheit bewundert, erahnen kann. Von diesem Strauch habe ich die letzte blühende Rose abgeschnitten.. damals.. im Oktober, um sie in deine kalt gewordene Hand zu legen. Beim letzten Abschied.


Wenn es je einen letzten gibt?!


Ich verabschiede mich immerzu. Von dir. Von der untergehenden Sonne und von dem Rosenstrauch, wenn alle Blüten daran nach und nach verblühen und ich an nichts anderes denken kann als an diesen einen Moment mit deinem toten Körper. Ich verabschiede mich, wenn ich stattdeiner gieße mit der kleinen grünen Kanne dein geliebtes kleines Beet und alles Neue, was wir darin gepflanzt haben.


Kleine Abschiede erinnern mich an den ganz Großen. An den gewaltigsten in meinem Leben. 

Gestern war Sommersonnenwende. Ab heute geht es rückwärts mit der Helligkeit, die im Dezemberdunkel einen Neuanfang finden wird. Ein Naturgesetz. Wiederkehrend. Sich verwandelnd. 

Kein Abschied ist für immer. Auch der gewaltige von dir nicht.

Wiederkehrend ist er in Erinnerungen.

Sich verwandelnd in der Zeit.

Und alltäglich in allen Dingen, die vergehen. 

Die Natur ist der beste Lehrmeister, dass nichts verloren geht. Nur vergeht, um neu zu werden.




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