Artikel mit dem Tag "Trauerumeinkind"



28. Januar 2023
Ich bin so nah an irgendwo, da wo du bist. Da sind meine aufgeschlagenen Arme nach oben und das ist die Richtung, nach der das Herz strebt. Ich bin so nah an oben und darum kommt der Regen zuallererst zu mir. Ich werde durchnässt vor allen anderen von allem, was der Regen mit sich bringt. Und es sind nicht nur nasse Tropfen. Es tröpfelt Worte, die sich auf meine nackte Haut legen wie auf die Goldwaage. Es regnet Weltgeschehen und den ganz persönlichen Schmerz, der nicht meiner ist aber er...
19. Dezember 2022
Wann hat es aufgehört? Wann haben wir uns das erste Mal getroffen und sind uns nicht mehr begegnet? Wann wurde aus all der Tiefe, in die wir scheinbar zusammen getaucht wurden, wie ich glaubte, ein Schwimmen an der Oberflächlichkeit der Worte, die wir uns jetzt zu sagen haben? Wann hat es angefangen? Wann hast du an mir vorbei deine Wunde geheilt? Wann hast du begonnen unsichtbare Pflaster auf die meine zu kleben, während sie noch blutet? Wann hat es angefangen dir zu viel zu werden und wann...
26. November 2022
Die Welt hat sich ungefragt weiter gedreht. Und ich mich um die großen Fragen und um die eigene Achse. Fragend, drehe ich mich immer noch um. Nur noch um. Nicht mehr im Kreis. Da waren Antworten und die lebe ich jetzt. Ungefragt. Das Dazwischen - danach fragt niemand mehr. Es wird von meiner Stärke gesprochen und was ich "daraus" - damit meint man deinen Tod, mein geliebtes kostbares Kind - gemacht habe. Fünf Jahre später passieren aber nicht einfach in dem Weltweiterdrehen, wenn man in der...
26. November 2022
Du komponiertst die Töne zu einer Melodie Auf die allein mein Herz nun hört. Mal laut, Mal leise, manchmal stumm Erklingt dein Lied, Mein Kind! Nur in der Stille kann ich vernehmen, Dein Liedgesang - es singt der Wind. Doch viel zu sehr sehne ich mich nach deiner Stimme. Und höre weder den Gesang noch dich, wie du nun bist. In Allem.
16. November 2022
Und wieder hallt mein Schritt nicht mehr Die Erde trägt mich nicht Und meine Stimme wird ganz leise, leise Die Klage um dich unerhört... Nein, nicht unsäglich! Unerhört Die Stimme könnte ich so laut erheben und alle Klagen würden ich ergießen zu einem Fluss. Am Ufer, wenn da einer stünde, wäre ich erhört im Wassers Plätschern. (September 2020)
17. Juli 2022
Man fragt mich, wie es mir geht und richtet den Blick dabei auf den schon etwas sichtbar gewölbten Bauch. Eine ehrliche Antwort bleibt mir in dieser Form der Fragestellung verwehrt und beschränkt sie lediglich auf das körperliche und vielleicht sogar psychische Befinden einer Schwangeren. Ich bin so viel mehr als das. Und so viel weniger. Mein Ich ist in seinem am meisten einnehmenen Raum das einer Frau, die schon Mutter ist. Das einer Mutter, das ihr Kind verloren hat. Das einer Frau, die...
30. Juni 2022
Mein geliebtes kostbares Kind! Schon das Schreiben dieses Wortes ist anders geworden: KIND. Ich wäre gern einfach nur schwanger. Ich würde gern die Wochen zählen bis zur Geburt meines Kindes und ein fröhlich illustrierestes Schwangerschaftstagebuch schreiben. Ich zähle Wochen, rückwärts bis zum Tod meines Kindes. Manchmal verrechne ich mich, weil es bereits so viele sind und das Tagebuch gleicht mehr einer Hommage an den Tod. Und die 40 Wochen vermengen sich mit den rückwärts...
21. Februar 2022
Straßen. Wege. Pfade. Autobahnen. Schotter. Steine. Glatter Asphalt. Ebener Untergrund. Hügel. Berge. Täler. Hinweisschilder. Wegbeschreibungen. Karten. Kompasse. Alle wollen irgendwohin. Ziele sind Ikonen und strahlen im Heiligenschein. Alle beten sie an, voller Erwartungen. Sackgassen ohne Wendemöglichkeit.. Umkehren. Schritte zurück. Schotterwege. Unebene Straßen. Rasen auf der Autobahn ohne Schilder. Berge besteigen ohne Kompass, ohne Täler darunter. Straßensperren ohne Umleitungen....
26. November 2021
Müder und fragender Blick. Bei mir. Bei meiner 16 Monate alten Tochter. Was bricht da auf mich ein? Wieso holt mich niemand hier raus? Wann sind wir einfach nur Hause, das uns auf Einmal als der schönste Ort der Welt vorkommt. Wir haben die gleichen Fragen, meine Tochter und ich. Fragen, die wir beide laut in uns hinein schreien. Vielleicht kann ich diesem Alptraum heute ein Ende setzten, wenn ich nur auf dem Arm bleibe und mich einfach auf keine Liege eines Untersuchungszimmers mehr ablegen...
18. November 2021
„Ihr macht das wirklich super!“ - bekomme ich immer öfter zu hören, während für mich der wirkliche Alptraum gerade erst beginnt. Nach drei Monaten. Nach drei Monaten seit dem mein geliebtes Kind gestorben ist. Nach drei Monaten, die ich in einer Seifenblase verbracht habe, die jetzt ausgedient hat und kurz vor dem Platzen ist, weil die meisten Menschen keine Seifenblasen sehen. Weil es unmöglich ist, in einer Seifenblase aus einer anderen Welt zu leben, in einer Welt, die keine...

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